VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2
Das Blatt 2 beschreibt Gefährdungsanalysen in der Trinkwasserinstallation.
Mit der Meldepflicht bei Überschreitung des technischen Maßnahmewertes bei einer Legionellen Kontamination ist gemäß § 16 der Trinkwasserverordnung eine Gefährdungsanalyse über die Trinkwasserinstallation zu erstellen.
Jeder Betreiber ist daher verpflichtet, die aus dem Betrieb einer Trinkwasserinstallation denkbaren Gefahren zu analysieren (Gefährdungsanalyse) und geeignete Vorkehrungen zu deren Vermeidung zu treffen (Instandhaltungsplan). Im Sinne dieser Richtlinie wird die Gefährdungsanalyse umfassend, sowohl im Hinblick auf den technischen als auch auf den hygienegerechten Funktionserhalt, verstanden. Das Ergebnis ist ein Instandhaltungsplan, in dem alle zur Gefährdungsvermeidung erforderlichen Maßnahmen dargestellt sind.
Zitat aus der VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2, Seite 3
„Wichtiger Hinweis“
Die Einhaltung mindestens der einschlägigen allgemeinen anerkannten Regeln der Technik bildet die Grundvoraussetzung für einen sicheren und hygienisch einwandfreien Betrieb der Trinkwasserinstallation. Als allgemein anerkannte Regeln der Technik für Planung, Bau , Betrieb und Instandhaltung im Bereich der Trinkwasserinstallation gelten dabei vor allem die Richtlinien in den Reihen VDI 6023 Blatt 1, VDI 3810, die Normen der Reihe DIN 1988 und DIN EN 808. Der Norm DIN EN 1717 sowie die Arbeitsblätter DVGW W551, DVGW W 553, DVGW W 556 und DVGW W 557.
Aufgrund des umfassenden Regelwerks erfordert die Erarbeitung einer Gefährdungsanalyse eine umfassende Fachkunde.
Wer darf eine Gefährdungsanalyse durchführen?
Die Durchführung einer Gefährdungsanalyse sollte durch einen Sachverständigen durchgeführt werden. Bei einem Sachverständigen wird davon ausgegangen, dass er in seinem Fachgebiet über eine besondere fachliche Kompetenz verfugt. Die Gefährdungsanalyse soll in Gutachtenform erstellt werden. Das heißt unter anderem auch, dass die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse dem Laien verständlich und für diesen nachvollziehbar, dokumentiert wird.
Anforderungen an den Sachverständigen
Wichtiger Hinweis Zitat 6023 Blatt 2, Nr. 5 „Gefahrdungsanalyse, wichtiger Hinweis“
„Die Durchführung der Gefährdungsanalyse muss unabhängig von anderen Interessen erfolgen. Insbesondere muss eine Befangenheit vermieden werden. Eine Befangenheit ist dann zu vermuten, wenn Personen an der Planung, dem Bau, dem Betrieb oder der Sanierung der Trinkwasserinstallation selbst beteiligt waren oder sind.“
Diese Richtlinie hat also zum Ziel, eine unabhängige und praxisnahe Grundlage zur Erstellung von vereinheitlichten und zielführenden Gefährdungsanalysen zu schaffen. Um das Ziel dieser Richtlinie einzuhalten, ist ein Sachverständiger mit geeigneter Qualifikation auszuwählen. Bei zertifizierten Sachverständigen nach VDI/BTGA/ZVSHK kann unterstellt werden, dass dieser über eine ausreichende Qualifikation verfügen. Sachverstandige fur Trinkwasserhygiene durchlaufen ein personengebundenes Zertifizierungsprogramm.
Der VDI kann Auskunft uber qualifizierte Sachverstandige geben.
Ablauf einer Gefährdungsanalyse
Aus einem Vorgespräch können notwendige und hilfreiche Informationen zu dem entsprechenden Objekt gewonnen werden. Im Nachgang werden notwendige Dokumente geprüft. Es wird die Aktualität der technischen Dokumentation geprüft. Fehlende Unterlagen sind nicht Rahmen der Gefährdungsanalyse zu erstellen, sondern erfordern einen weiteren Auftrag.
Wichtiger Hinweis: „Bei Fehlen oder Unvollständigkeit der geforderten Unterlagen müssen diese vom Auftraggeber beschafft, erstellt oder in Auftrag gegeben werden. In welchem Genauigkeitsgrad dies erfolgen muss, ist von der zu untersuchenden Trinkwasserinstallation abhängig und bedarf einer spezifischen Betrachtung durch den Sachverständigen.“
Ortsbesichtigung zur Bestandsaufnahme
Ohne eine Ortsbesichtigung ist die Erstellung einer Gefährdungsanalyse im Sinne des Blatt 2 nicht möglich. Zur vollständigen Ortsbesichtigung gehören auch die Überprüfung der Bestandsdokumentation vor Ort, die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik, die ausgewählten Probenahmestellen, die Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebes und weitere wichtige Betriebsparameter. (z. Bsp. Temperaturen, Stagnationszeiten). Fur den Aufbau und zur späteren Dokumentation des Ortstermins empfiehlt sich, am Hauswasseranschlusses zu beginnen und dem Fließweg des Trinkwassers zu folgen. Um auch eine Zugänglichkeit aller Räumlichkeiten zu gewährleisten, empfiehlt sich den Ortstermin im Beisein des Betreibers oder dessen Vertreters durchzüfuhren. Weiterhin ist auch die Teilnahme von Personen, welche mit der Trinkwasserinstallation vertraut sind, empfehlenswert. Im Anhang C befindet sich eine Checkliste fur die Bestandsaufnahme, welche in geeigneter Art und Weise zu dokumentieren ist. Fotos, Skizzen und Grafiken dienen der Veranschaulichung.
Es empfiehlt sich eine strukturierte Ausarbeitung der Gefährdungsanalyse, gegliedert in den nachfolgenden Punkten:
1. Hausanschluss
2. Rohrleitungssystem Dammung
3. Stagnation
4. Trinkwassererwarmungsanlage einschlieslich PWC-Zuleitung
5. Temperaturbereiche, Druckmessung und Volumenstrome
a) Temperaturmessung an Hausanschluss
b) Austritt der Trinkwassererwarmer
c) Zirkulation
d) jede Steig- und Verteilleitung
6. Zirkulationssystem
7. Kennzeichnung und Zuganglichkeit
8. Werkstoff, Produkteigenschaft, Eignung von Bauteilen (Fliessregel beachten)
9. Sicherungseinrichtungen
10. Anlagen zur Wasserbehandlung und Wasseraufbereitung
11. Gebaudeautomation
12. Angaben zu regelmasigen Wartung und Instandhaltung (Betriebsbuch)
Jeder der vorgenannten Punkte ist in der Gefährdungsanalyse nochmals auszuarbeiten. Fotos und Tabellen dienen nur zur Unterstützung von Texten. Fotos von Wärmebildkameras können nicht fur eine Temperaturmessung zuverlässig angenommen werden. Sie dienen lediglich zur Veranschaulichung und nicht fur eine exakte Temperaturmessung.
Ausarbeitung des Gutachtenschriftsatzes zu jedem Bereich (5.1. – 5.12.) mit jeweils
1. Bestandsaufnahme, Feststellung des IST-Zustandes, inklusive Fotodokumentation und Beschreibung. WIE ist es?
2. Überprüfung auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik mit entsprechenden Erläuterungen und Bezug auf die jeweiligen Regelwerke
WIE sollte es sein?
3. Gefährdungsanalyse zu den jeweiligen Feststellungen WAS kann passieren?
4. Bewertung des Risikos (Zusammenfassung) WARUM besteht ein Risiko?
5. Handlungsempfehlungen mit Prioritat WAS sollte getan werden?
Anmerkung:
keine subjektiven Wahrscheinlichkeiten schildern, das heist:
dass frühere Beurteilungen mit farblicher Kennzeichnung über die Wahrscheinlichkeit des Eintrittes einer Gefährdung nichts in einer Beurteilung zu suchen haben.
Es gilt weiter: je schlimmer die Folgen des Mangels, desto schneller ist mit der Abhilfe zu beginnen. Dies wiederum fuhrt zur Unterteilung in Sofortmaßnahmen, Kurzfristige, mittelfristige und langfristige Maßnahmen.
Sofortmaßnahmen sind sofort umzusetzen und dienen der direkten Gefahrenabwehr. Beispiele: unverzügliche Information der Nutzer, Nutzungseinschränkung gegebenenfalls Einbau von endständigen Filtern (siehe DVGW Twin Nr. 12).
Kurz und mittelfristige Maßnahmen sollten innerhalb weniger Wochen bis maximal 1 Jahr nach Erstellung der Gefährdungsanalyse umgesetzt werden. Hierzu gehören zum Beispiel die Erneuerung der Trinkwassererwärmung, Instandhaltungsplanung und der Austausch defekter oder alter Bauteile (Instandsetzung).
Langfristige Maßnahmen werden jene bezeichnet, die einer längeren Vorbereitung bedürfen (z. Bsp. Berechnung und Durchführung des hydraulischen Abgleichs in der Zirkulation, Neuberechnungen oder Erneuerungen, Instandhaltungsplanung, Instandsetzung oder gar der vollständiger Austausch der Trinkwasserinstallation.
Anmerkung zu langfristigen Maßnahmen:
Auch mit den langfristigen Maßnahmen ist unmittelbar nach Erstellen der Gefährdungsanalyse zu beginnen. Langfristig bezieht sich hier auf die Vorbereitungszeit.Nach der zeitlichen Gliederung ist eine abschließende Zusammenfassung über die Zusammenführung der Ergebnisse und Befunde zu erstellen. Eine Vereinfachung für den Usi stellt eine Handlungsempfehlung dar. Durch Aufzeigen und Priorisieren geeigneter Möglichkeiten, wie der Mangel beseitigt werden kann, unterstützt den Betreiber bei seiner weiteren Planung.
Fazit: ein geeigneter Ersteller von Gefährdungsanalysen ist er, aufgrund seiner fachlichen Ausbildung, seiner zeitnahen beruflichen Tätigkeit und seine Kenntnisse über die allgemein anerkannten Regeln der Technik durch entsprechende Qualifikationen bzw. Zertifikate. Das deutsche Sachverständigenwesen unterliegt keiner einheitlichen Struktur. Für den Betreiber empfiehlt es sich, dass er sich an den VDI wendet. Der VDI verfügt über eine Auflistung der zertifizierten Sachverständigen, welche nach VDI / BTGA / ZVSHK 6023 Blatt 2 geprüft worden sind.
© 2018 Michael Reichmann
Sachverständiger für Trinkwasserhygiene
zertifiziert nach VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2
DFLW zertifizierter Sachkundiger für
Gefährdungsanalysen § 16 Abs. 7 TrinkwV
Probenehmer nach § 15 Abs. 4 TrinkwV
TÜV – Trinkwasser Fachkraft nach VDI 6023
VDI Referent Technik 602